Presse

Haus lebt.

Über die Zeit, das Unfertige und das Entstehende


26.8.–3.9.2023
Hartberg

Michaeligasse 10
8230 Hartberg

Ausstellung und Café: täglich 10–19 Uhr


Instagram: hauslebt

Ausgrabung, Ausschank, Aufführung

Im Rahmen von Haus lebt verwandelt sich das barocke Tuchscherer- und spätere Bäckerhaus Michaeligasse 10 in ein temporäres Kulturzentrum mit umfangreichem Programm, utopischer Ausgrabung und barockem Innenhof mit Café. Die Besucherinnen begeben sich – keiner historischen Linearität folgend, sondern die Geschichte gegen den Strich bürstend – auf eine Reise durch den Blätterteig der Zeit.

Haus & Ausstellung

Valentin Aigner, Simon Brugner, Petra Hinterleitner, Kateřina Kunzová, Simon Oberhammer, Madeleine Nostitz

Programm 2023

Eintritt: Freiwillige Spende (keine Ticketreservierung notwendig)

Der ortskundige Mesner Sepp Fink führt in der Rolle des Nachtwächters durch die Altstadt: ein verheerender Stadtbrand, Hinrichtungsstätten, die Geheimnisse des romanischen Pfarrhofkellers und andere Geschichten.

Treffpunkt: Innenhof, Michaeligasse 10


Gleich einer Sternsingerinnengruppe ziehen die Rabtaldirndln gemeinsam mit Monika Klengel durch Hartberg und rotten sich im Innenhof des Hauses Michaeligasse 10 zusammen, wo sie Geschichten erzählen, singen und ihren Segen spenden. Sie schreiben mit Kreide 20*R+A+B+T+A+L*23 und hinterlassen feministische Gaunerzinken! Es geht ums Obskure, Abgründige und um dunkle Geheimnisse. Darin suchen die Dirndln nach der Schönheit und machen daraus Lieder, Texte und Segenssprüche. Lasst uns also die Makel unserer Existenz offenbaren und gemeinsam singen:

„Über die Frau mit den roten Flecken am Hals, die widerwillig Schinkenfleckerl vorkocht und eine Gallenkolik erwartet, während der Duft des Aromadiffusers durch die Türritzen ins Freie dringt. Über die 75 jährige Witwe, die zum ersten Mal in ihrem Leben selbstbestimmt neue Vorhänge und eine Wohnzimmereinrichtung nach ihrem Geschmack kauft. Über die junge Mutter, deren Blick betrübt auf den Falten des roten, schreienden Babys ruht und die sich fragt: Wird es mir jemals nicht fremd sein? Über die heimliche Geliebte, die sich wieder in die Lust sehnt, die größer ist als all das Leid.“

Es wird besser werden. Spätestens dann.

Ausstattung: Helene Thümmel
Musikalisches Arrangement/Chorleitung: Felix Klengel

Foto: Bernhard Müller


Der Besen ist ein Gegenstand, an dem sich zahlreiche Bedeutungsebenen zwischen Alltagsobjekt und feministischem Symbol auftun. Im Besenbauworkshop bauen sich die Teilnehmer*innen einen Besen passgenau für den eigenen Bedarf: zum unter den Teppich oder vor der eigenen Haustür kehren, zur Beschwörung der feministischen Vorfahr*innen oder um etwaigen lästigen Angewohnheiten endgültig den Kehraus zu machen.

Für den Besenbauworkshop stellen wir das nötige Know How, spezifische Werkzeuge und Material zur Verfügung. Wir laden die Teilnehmer*innen dazu ein, zusätzlich eigene persönliche Gegenstände mitzunehmen, die sie gerne in die Besen einbauen würden, um ihnen eine spezielle, individuelle Bedeutung zu geben.


Dem bereits Mitte des 19. Jahrhunderts gegründeten Gesangverein hat die Coronapandemie stark zugesetzt: Ein hoher Altersdurchschnitt gepaart mit schweren Erkrankungen und vielen ausgefallenen Chorproben hätten das Vereinsleben fast zum Erliegen gebracht. Seit 2022 bemühen sich der neue Obmann Alfred Ertl, die Chorleiterin Monika Rohrhofer und viele andere um eine Wiederbelebung des Vereins – mit Erfolg!


Ein Leben geht so furchtbar schnell vorbei. Ein Stolpern auf der Kellertreppe. Ein Rattengift im Lieblingsessen. Ein unsauberer Schnitt mit einem unsauberen Messer. Eine Gräte quer im Hals. Eine Kugel mitten durchs Herz. Ein Schmerz da in der Brust. Ein Zucken drin im Hirn. Ein Schlangenbiss. Ein Luftröhrenriss. Ein gebrochenes Herz. Ein Toaster in der Badewanne. Ein trügerisches Sicherheitsgeländer. Und schon ist es vorbei. Bis dahin aber tanzen wir. Wir tanzen uns zu Tode, tanzen wie in Trance. Auch wenn wir stolpern, tanzen wir. Ein letztes Fest, ein Totentanz.
Der Ingeborg-Bachmann- und Arthur-Schnitzler-Preisträger Ferdinand Schmalz liest Texte zum Sterben, Grabreden, berühmte letze Worte, Testamente und Totenbeschwörungen.

Foto: Apollonia T. Bitzan



Miru Miroslava Svolikova bringt als KIKI POP Glamour, Darkness und Seifenblasen ins Haus: Als Dramatikerin, bildende Künstlerin, Shakespeare-Übersetzerin, Retzhofer-Dramapreis- und Nestory-Autorenpreisträgerin kennt man sie bereits. Weil das alles nicht reicht, produziert sie jetzt auch ihre eigene experimentelle Popmusik: eine Musikalische Lesung.

Foto: Wolfgang Rappel


Ein Hoffest mit heißer Pizza (Pizzabäckerinnen: Marlene Nowotny und Aki Namba), frischem Bier, Auflegerei von DJ Akkubohrer und einem anschließenden Konzert (17 Uhr) vom famosen Jazz-Duo Die Langtaucher (Alfred Lang, trump. und Peter Taucher, guit.)


2022:
„Unsere Baustelle“

Ruth Weismann (19.9.2022). Schicht für Schicht: Ein verlassenes Haus wird zum Leben erweckt. Augustin.

Alexandra Föderl-Schmid (14.10.2022). Unsere Baustelle: Robert Menasse über „Die Erweiterung“. Süddeutsche Zeitung.

Mit Valentin Aigner, Zaid Alsalame, Simon Brugner, eSeL (Lorenz Seidler), Peter Haimerl, Petra Hinterleitner, Georg Holzmann, Sebastian Lehner, Robert Menasse, Aki Namba, Madeleine Nostitz, Marlene Nowotny, Simon Oberhammer, Georg Petz, Lena Rucker, Evelyn Schlag, Leopold Toifl, Barbara Wonisch, Klaus Zeyringer

2021:
„Ein Über­raschungsei aufmachen“

Wojciech Czaja (24.10.2021). Barockhaus in Hartberg: „Ist, als würde man ein Überraschungsei aufmachen“. Der Standard.

Franz Brugner (23.9.2021). Leerstände und Grenzproblematik: Wichtige Themen wurden aufgegriffen. Kleine Zeitung.

Ewald Wurzinger (15.9.2021). Barockes Tuchmacher- und Bäckerhaus wird zur neuen Kulturstätte. Kleine Zeitung.

Mit Valentin Aigner, Simon Brugner, Vivid Consort, Wojciech Czaja, Norbert Gstrein, Petra Hinterleitner, Georg Holzmann, Perihan Keles, Günter Koberg, Tarek Leitner, Lydia Mischkulnig, Madeleine Nostitz, Marlene Nowotny, Simon Oberhammer, Den Rabtaldirndln, Ilija Trojanow, Marie Vermont, Elsbeth Wallnöfer, Barbara Wonisch, Klaus Zeyringer














1834:
„Lieber Bruder!“

„Vergeßt aber ja nicht in euren frohen Stunden an den ferne von euch lebenden, keine Freude mit euch theilen könnenden Johann, der, ganz sich selbst überlassen, vielleicht noch lange wird suchen müssen, bis es ihm glücken wird eine eigene Hand zu finden; O! Ihr wißt es nicht, wie wehe es manchmal thut, sich immer nur für fremde Menschen zu plagen, und dafür sehr oft mit Undank belohnt zu werden, wie sehr es schmerzt wenn gefühllose Menschen im Uiberfluß leben, während sie ihren Arbeitern den kargen Bissen beneiden, der Ihnen das sclavische Leben zum weiteren Dienste erhalten muss. [...] Wenn ich wüßte, daß die Mühe und Unkosten nicht umsonst wären, so würde ich es wagen, ein Gesuch einzureichen, denn daß ich nicht sollte leben können in Hartberg daß glaube ich nicht. [...] Dein dich liebender Bruder Johann Kottmayr. Brünn am 20ten August 1834.“

Aus einem Brief an den im Haus lebenden Tuchscherer Anton Kottmayr.
Haus um 1900

„Unter diesem Himmel / leben wir immer noch.“


H. M. Enzensberger